newsage Artikel: Gabel statt Skalpell. Gesünder leben ohne Fleisch

von Marleen Ilg I Ausgabe 2/2013


Vegetarismus ist schon lange kein Randphänomen mehr. Und was gut ist für das Tier, ist auch gut für uns Menschen. Denn immer mehr Studien belegen, dass sich die vegetarische Ernährung positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden auswirkt. Die neue fleischlose Kost ist im Anmarsch und besticht mit leckeren Rezepten und einem neuen erstrebenswerten Lebensgefühl.

Frau mit einer Gabel im Mund

Lange Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte sah sich der Vegetarier mit herablassenden Sprüchen à la »Du isst meinem Essen das Essen weg« konfrontiert. Nicht, dass diese Stimmen heute gänzlich verstummt wären; aber der Witz dieser platten Phrasen ist doch weitgehend verflogen. Dazu kommt, dass sich der fleischlose Lebensstil eines radikalen Imagewandels erfreut. Nie zuvor sind alternative Lebenskonzepte weiter in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. Doch das war nicht immer so. Lange hielten sich Klischees, die den Vegetariern gefühlsdusselige Naivität unterstellten. Sie landeten in einem Topf mit duschgelscheuen Ökofreaks und weltfremden Gesellschaftskritikern. Dem zarten Geschlecht trat man dabei noch weitgehend nachsichtig gegenüber; schließlich gehören mütterlicher Schutzinstinkt und emotionale Verklärung zum legitimen Repertoire der weiblichen Natur. Da ist es durchaus verständlich, wenn Skrupel dabei aufkommen, zartes Bambioder Klopfer-Fleisch zu verspeisen.

Dagegen schienen männliche Vegetarier geradezu grotesk ihre natürliche Rolle zu verfehlen. Gestützt wurden diese Vorurteile von einem Männerbild nach hemingwayschem Vorbild: Der jagende, trinkfeste Frauenheld, wie in »Fiesta« oder »Der alte Mann und das Meer« stilisiert, galt als gängiger Maßstab. Und polarisierende Bilder vom russischen Präsidenten Putin auf Bärenjagd oder beim Wildcampen bestätigen bis heute, dass dieser Männertypus noch längst nicht ausgestorben ist. Auch den Frauen sagte man nach, dass sie einen muskulösen Macho einem im Einklang mit der Natur lebenden »stillen Wasser« in Birkenstock-Schuhen vorziehen. Doch was ist heute noch dran am klischeebeladenen Vegetarierbild, sofern es dieses denn je gab? Ein sehr berühmter Vegetarier scheint jedenfalls die Verkörperung all dessen zu sein, was Frau begehrt und Mann zu sein wünscht: Der Schauspieler Brad Pitt, bereits seit Jahren eingefleischter Gemüsefreund, trotzt mit Leichtigkeit jeder Vorstellung eines verweichlichten, schlecht frisierten Pflanzenfressers. Durch Persönlichkeiten wie ihn oder Demi Moore wird der Vegetarismus in gleichem Maße salonfähig wie attraktiv. Denn die pflanzliche Kost transportiert mittlerweile einen nachahmungswürdigen Lifestyle. Ethisches und ökologisches Bewusstsein gehören im gleichen Maße dazu wie ein vitales Erscheinungsbild. Als Vorbilder für Millionen junger Menschen werden prominente Vegetarier so zur Projektionsfläche für die Eigenschaften, welche erstrebenswert sind.

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