Thore D. Hansen über 'Die Hand Gottes'

Thore Dohse Hansen, geboren 1969 in Norddeutschland, beschäftigte sich bereits in jungen Jahren mit seinen skandinavischen Wurzeln - angeregt durch seine Verwandtschaft mit dem Nordpolforscher und Friedensnobelpreisträger Friedjof Nansen. Sein leidenschaftliches Interesse für die kulturhistorischen Hintergründe und Folgen monotheistischer Religionen sowie die heidnisch geprägte Antike führten zu seinem ersten Roman.

Der Plot Ihres Romans wurde Ihnen in einer sehr lebendigen Vision zugetragen, die sie danach wie einen fertigen Spielfilm abrufen konnten. Wie genau haben Sie das erlebt?

Ich sah hautnah den Überfall christianisierter Römer auf ein keltisches Dorf. Dieser Traum war so intensiv, das ich nach dem Erwachen Stunden brauchte, um körperlich mein Gleichgewicht wiederzufinden. Kurz gesagt, es hat mein bis dahin wissenschaftliches Weltbild komplett auf den Kopf gestellt und ich bin in der Tat neu erwacht. In der Folge konnte ich wie von Geisterhand die Handlung innerhalb weniger Tage erstellen, erst dann begann die Recherche.

Obwohl es über die Kelten nicht viel gesichertes Wissen gibt, fasziniert diese untergegangene Kultur die Menschen bis heute. Was ist aus Ihrer Sicht der Grund dafür?

Es ist eine Sehnsucht und Rückbesinnung nach Werten, die in die Druiden zum Teil hineinprojiziert werden. Das Wenige, was wir mit Sicherheit interpretieren können, ist mit einem sakralen Humanismus vergleichbar, der Mensch, Tier und Natur in einer mystischen Balance hielt.

Ihr Roman stellt eine provokante These auf: Vor rund 1 700 Jahren ging die katholische Kirche mit dem politischen Rom einen Pakt ein, um ihre Macht zu sichern. In der Konsequenz wurden die Naturreligionen ausgerottet; bis heute leiden wir unter den Folgen, haben uns der Natur entfremdet und den Zugang zum Göttlichen verloren. Lässt sich diese Theorie belegen?

Dieser Pakt ist kirchengeschichtlich längst durch seriöse Kirchenhistoriker und Experten der Antike bewiesen. Nachdem die Kirche in Europa die heidnische Kultur weitgehend vernichtet hatte, ging sie nach Afrika, Amerika, Australien und in Teile Asiens. Damit war der Wettlauf um die kulturelle Ausrichtung der Menschheit entschieden. Vorerst!

Hat die katholische Kirche auch die spirituelle Botschaft Jesu Christi, die ja auch revolutionäre und unbequeme Aspekte hatte, beschnitten und für ihre Zwecke verfremdet?

Seine wichtigste Botschaft war, dass es keiner weltlichen Priester bedarf, um Gott in uns zu finden und zu erkennen, dass wir selbstbestimmte göttliche Wesen sind. Das war eine Bedrohung für die Macht der Priesterkaste und sein Todesurteil. Alles, was danach kam, war eine verfälschte Instrumentalisierung. Nicht umsonst beriefen sich zahlreiche Gründungsväter der Vereinigten Staaten und Freimaurer auf die humanistischen Werte der Druiden.

Wie kann man sich die Religion und das Wissen der Druiden vorstellen? Auf welche Weise standen sie in Kontakt mit dem Göttlichen?

Das Druidentum war eine Weltsicht, eine Philosophie. Es war von dem Bewusstsein getragen, dass jeder Mensch einen hohen Grad innerer Sicht erreichen kann. Die Druiden waren wissbegierige, anspruchsvolle Gelehrte, Ärzte, Juristen und Dichter in einer Person, die immer im Menschen das größte göttliche Potenzial sahen. Die Summe ihrer Weisheit gab ihnen diese mystische Aura des „Sehers". Diese Kultur war die größte Bedrohung für das künstlich erschaffene Christentum, das den Menschen in eine Abhängigkeit zwischen Schuld und Sühne trieb.

Ihre Vorfahren waren Kelten und Wikinger. Auf welche Weise spüren Sie, dass Sie ein keltisches Erbe in sich tragen?

Wenn ich in den Wald gehe oder an der Küste spaziere, sehe und spüre ich etwas, das mich nährt und nicht etwas, was ich ausbeuten und verwerten kann. Ich weiß, dass die alten Stammesstrukturen der Kelten mit ihren ungeschriebenen Gesetzen erst ein Leben im Gleichgewicht ermöglichten. Was der Verlust dieser Strukturen bedeutet, können wir heute noch bei den Menschen in Australien, der Mongolei und in Nordafrika leidvoll beobachten, dabei sollten wir eigentlich von ihnen schnellstens lernen.

Mit Ihrem Roman wollen Sie Mut machen, für die Zukunft die richtigen Weichen zu stellen. Was können wir konkret tun, um die Verbindung mit dem Göttlichen wiederherzustellen und die Erde wieder ins Gleichgewicht zu bringen?

Ich bin davon überzeugt, dass wir uns alle instinktiv erinnern können, was wir einmal waren: selbstbestimmte geistige Wesen, die in der Lage sind, volle Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Wir müssen uns der Angst stellen, dass ein Umbau der Weltwirtschaft und eine neue planetare Ethik nicht einen Verlust, sondern einen Gewinn darstellen, der unabdingbar für unser Überleben ist. Und wir müssen dies durch unser Verhalten und unser Bewusstsein in Angriff nehmen, statt auf die zu Politik warten.